Eröffnungsrede zur Ausstellung:
Rosa
vom 15.01.12

Bilder von der Ausstellungseröffnung


Rede von Christine Hach zur Ausstellungseröffnung von ROSA am 15.1.2012

Liebe Museumsbesucher, liebe Aussteller,

ich muss zugeben, dass ich bei unserer Farbreihe weiß-schwarz -rosa besonders bei rosa gehofft hatte, nicht ganz so viele Bewerbungen zu bekommen, da rosa schon ein gewisses Abschreckungspotential hat. Nicht, dass wir uns über Bewerbungen nicht freuen, unsere Räume sind einfach sehr begrenzt und es ist mein Konzept , niemand rauszukicken, ich verhandele dann über einzelne Werke, damit alles irgendwie zusammenpasst. Wir machen eine Minimalausschreibung im Nachrichtenblatt der VG Eich, ein paar Flyer und Plakate im Museum , ich spreche einige wenige Kollegen an, von denen ich weiß, dass sie passende Arbeiten haben könnten, inzwischen wissen auch einige, dass es zu Jahresanfang hier diese Gruppenausstellung gibt und melden sich einfach. So sind wir zu 70 Bewerbern gekommen.

Ziel ist eine lebendige Ausstellung, die schon eine gute Qualität hat, aber es ist auch immer Platz für Anfängerarbeiten und schräge Projekte. Unsere Ausstellungen sind nie langweilig oder steril.

So hängen Arbeiten , die schon in renommierten Galerien oder großen Kunstmessen zu sehen waren jetzt neben Erstlingswerken oder Beiträgen aus der Kita Gimbsheim, ohne dass irgendwelche Zacken aus Kronen brechen.

Jetzt ein bißchen Statistik:

Von den 70 Teilnehmern kommen 31 aus der VG Eich, davon 19 aus Gimbsheim, jeweils 4 aus Eich und Alsheim, 3 aus Mettenheim und 2 aus Hamm.

Die 39 anderen kommen aus Guntersblum , Osthofen, Worms, Mannheim, Frankenthal, Lorsch, Bensheim, Harxheim, Uelversheim, Dienheim, Oppenheim, Mainz, Wiesbaden Frankfurt, Berlin und aus dem Sauerland.

2 Drittel unsrer Teilnehmer sind Frauen, rosa scheint ein weibliches Thema zu sein, bei schwarz und weiß in den Vorjahren war die Geschlechterverteilung fast 50 : 50.

Das Thema für Januar 2013 ist sehr wahrscheinlich kariert.

Rosa wagen.

Als rosa als Ausstellungsthema bekannt gegeben wurde, brach nicht gerade Jubel aus, zu rosa will sich keiner bekennen. Eigentlich schade, die Bilder aus Picassos rosa Periode, schon schön kitschig und ein bisschen süßlich, aber wahnsinnig teuer, klar weil halt Picasso dran steht, aber rosa sind sie auf jeden Fall und auch wir wagen jetzt rosa.

Rosa ist kitschig , niedlich ,süßlich , positiv, romantisch .Rosa signalisiert Schutzbedürftigkeit, Hilflosigkeit, Verletzlichkeit, jugendliche Frische. Wir denken an Miss Piggy und andere Marzipanschweinchen, Bonbonrosa Zuckerwatte,Hubba Bubba und Weichspüler, Barbiepuppen, hello Kitty, Prinzessin Lillifee, rosa Mädchenzimmerhölle,, rosige Aussichten, die rosarote Brille, die rosa Zukunft.

Hier ein Supertipp aus dem Internet für angemessene Kleidung:

Tragen Sie rosa

„Die zarte Farbe rosa weckt den Beschützerinstinkt und sorgt für eine Beißhemmung.“ Das ist nicht von mir, sondern vom Erfinder der lila Milkakuh, der ist hauptberuflich Farbforscher.

Rosa wirkt harmlos, wenn Sie also in heimtückischer Mission unterwegs sind, tragen Sie rosa.
Rosa ist peinlich.
Rosa ist die Prinzessinnen- Kleinmädchen und Altweiberfarbe.
Ist rosa weiblich ? Und wenn, seit wann ?

Farbzuschreibungen sind nicht gottgegeben und schon immer da gewesen. Sie sind durchaus wandelbar.

Rosa ist das passiert.
Rosa Baby :Mädchen, hellblaues Baby: Junge, das ist uns eingebläut.
Bis in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts war das genau umgekehrt. Mit der Industrialisierung und vor allem
nach dem 1. Weltkrieg wurde blau die Farbe der Arbeits- und Männerwelt,(denken Sie an den Blaumann) hellblau war dann für kleine Männer.
Vorher war Rot eine Männerfarbe, oft in Soldatenuniformen zu finden, und wer es sich leisten konnte, wickelte seine männlichen Babys in rosa,das abgeschwächte, kleine rot, was auf vielen Gemälden des 19.Jahrhunderts auch zu sehen ist. Reiche weibliche Babys trugen dagegen hellblau, blau war neben weiß die Farbe der Jungfrau Maria, hellblau ideal für kleine Mädchen.

Rosa hat sich also erst seit ungefähr 100 Jahren als Mädchenfarbe etabliert.

Die Nazis machten sich diese bald allgemein verständliche Zuschreibung zu nutze, indem sie homosexuelle Männer mit dem rosa Winkel stigmatisierten und diffamierten. Das war ein kleines auf dem Kopf stehendes rosa Dreieck das Schwule in KZs an ihrer Häftlingskleidung ähnlich wie einen Judenstern tragen mussten. Hier vielen Dank an Wilfried Saur, der ein Auftragsbild für diese Ausstellung gemalt hat, um auch an diesen Aspekt von rosa zu erinnern. Der rosa Winkel war lange Symbol der weltweiten Schwulenbewegung, der Filmregisseur Rosa von Praunheim kreierte daraus seinen Künstlernamen.

Rosa gilt nach wie vor als etwas unmännlich.

Suchen sie mal nach rosa Pflegeprodukten für Männer. Die weibliche Konsumwelt dagegen ist rosadominiert, die meisten kleinen Mädchen lieben rosa, wahrscheinlich aber auch, weil Ihnen so viel schönes rosa Zeug angeboten wird.

Ich selbst finde rosa eher provokant, eine spannende Farbe für Kunstproduktion weil sie so nackt ist.

Jetzt kommt

Der kleine optische Rundgang durch die Ausstellung, er dauert ungefähr 7 Minuten, da müssen Sie jetzt noch durch. Sie werden vielen rosa Klischees begegnen und genausovielen Klischeebrüchen.

Wir haben nach Themen gehängt und versucht, möglichst viele Raumbezüge zwischen den einzelnen Arbeiten herzustellen, wie sich zum Beispiel zum Beispiel das Eiskind und die Popkornfrau mit ihren Mickymaus-TShirts sich durch den Raum hinweg anzusehen scheinen.

Wir fangen an mit unserer klassischen Flamingoecke, in der sich diverse 2- Beiner und andere Vögel tummeln, meist mit Wasser, und zwar von Edda Oswald und Gertrud Oswald ganz ohne Flamingos, ein lustiger Vogel von Eleonore Kehl, von Edmunde Baier die braunrosa Eule,gefolgt von Badeschlappen von Dieter Mahlerwein., rosa Pinguinen von Barbara Großner, endlich mal Flamingos von Rudolf Uhrig ,Marion Sievi und Bärbel Droll, bei Stefi Muth waren die Flamingos schon wieder weg. Von Anne Schmitt hat sich noch eine Katharinenkirche unter gemogelt, es fällt aber kaum auf. Mit Wasser haben die großen Mammutbaumschalen von Wolf Münninghoff zu tun. Der Kern des Mammutbaums, das Redwood ist tatsächlich fast rosa, der Mammutbaum stand mal in Kirchheim-Bolanden und wurde nicht extra für diese Ausstellung gefällt..In der Antikvitrine sinniert ein dicker rosa Mann über die Folgen von zuvielen rosa Würstchen im Speckmantel, der kleine dicke Mann ist von Jonas Uffelmann, die Würstchen habe ich zubereitet.

Dann kommen wir zur Blumen- und Landschaftswand. Eine Gemeinschaftsarbeit von Dietmar Gross und Andrea König mit großer Hyazinthe, darunter und daneben florales und persönliches von Klaus Kühnemund, Margot Klose, Bigi Kappel , Dorothea Harlos,Susanne Zimmer, Manuela Deforth und Ignatio Amato. Es gibt sehr persönliche Erinnerungsbilder an Verstorbene von Anita Reinhard und Renate Kölsch und Manuela Bach mit dem Bild ihrer Großmutter Rosa, die sehr gut zu ihrem floralen Umfeld passen. Die zartrosa Eislandschaft ist von Katharina Schmiedel , die Blütenblätter von Elly Harlos , das kryptische 42er Bild von Barbara Böttcher. Darunter mit rosa Blumen Andrea Diehm und Marlene Gölz, rein farblich musste das Foto mit der Straßenszene aus Südafrika von Simone Klös genau an diese Stelle.

Um die Ecke hängen romantische rosa Flügel von Willi Herwig und Stefi Muth , rosa Feuerwerk von Willi Herwig und Wolfgang Joseph , darunter ein rätselhaftes Bild von Carola Seehausen , das mit seinem schwarzen Kreuz schon in unsere rosa Chaosecke weist.

Davor in der schönen Tischvitrine 3 in Kunstharz gegossene geheimnisvolle und sehr appetitliche Arbeiten von Barbara Böttcher, die mich sehr an Kuchen erinnern. Im Fenster haben wir Sommer- und Winterausstattung von Prinzessin Luise, genäht von Beate Berg, daneben bestickte Ballettschuhe von Gabi Klinger.

Die rosa Chaos- und Endzeitecke hebe ich mir für den Schluss auf.

Die allerjüngste Teilnehmerin, allerdings in 2 -d ist das rosa Baby – natürlich ein Mädchen- von Alessandro Balzarin, weitere ganz junge Teilnehmer haben wir mit dem Gemeinschaftswerk aus der KITA Gimbsheim, auch U 16 sind Simon Schmiedel mit dem Schwellkopp , Lennart Ledderhos mit dem Rosaroten Panther und Theresa Seidel mit dem rosa Schaf auf dem Fahrrad. Etwas älter sind Albrecht Langenbach mit seinem Glücksschwein und Oliver Noffke mit Rosa Luxenburg, die auch kein gutes Ende nahm.

Die schwarze Vitrine kommt auch später.

Die schwankenden Gebilde in pilzigem rosa sind von Marianne Umstätter, die heute Geburtstag hat, herzlichen Glückwunsch. Besteck hat es den Herren Bernd Riechert, Thomas Tempel und Heinz Rust angetan, und dabei wurde viel rosa zwischen lecker und eklig abgelichtet bzw gemalt.

Gegessen wird auch in unserer größten Arbeit, dem Acrylgemälde von Clara Clauter, das gerade noch fertig geworden ist.

Herzlichen Dank an Anita Scheller , aus deren Fundus wir diese wunderbare Hüfthalterinstallation „mein Halter bringt mich um“ gebaut haben. Anhaben wollte man diese Monster definitiv nicht.

Rosa ist eine Fleischfarbe, eine sinnliche Farbe,: ideal für Aktmalerei und Zeichnung und so

kommen jetzt die figürlichen Arbeiten von Christine Hach mit ganz wenig rosa, Stefi Muth, Lena Oswald, Walter Schembs, Alice Baltz mit sehr viel mehr rosa , Wilfried Saur und Sabine Ostermann mit rosa Akzenten.

Den rosa Kreis von Doris Kohn haben wir nicht aus Versehen da aufgehängt, er ist einfach super zu dem rosa Dreieck in der Häftlingskleidung und hängt auch in Beziehung zu der rosa Sonne von Willi Herwig.

Auch von Doris Kohn : die wunderschöne Glasarbeit im Fenster. Weiter mit Gesichtern und Figürlichem von Hans Lamb, Ulrike Kraus -Krämer, Lisa Bihlmann, Wilfried Saur, Monika Rudzki und Simone Klös. Die beiden zarten Holzskulpturen sind von Roland Zehetmeier, die fast fotorealistische Frau an der Popkornmaschine ist von Monika Geisbüsch, daneben ein Augenblick in einem Loire-Schloss fotografiert von Ingrid Odermatt , gefolgt von einer Zauberlandschaft von Edda Oswald. Der quitschpinke Quilt ist von Ulrike Tschap aus dem Sauerland.

Alice Baltz gehört zu unseren jüngsten Ausstellerinnen, sie hat romantische Ansichten aus Köln und Amsterdam partiell rosa eingefärbt, mit ihr werden wir 2013 eine größere Ausstellung machen.

Jetzt zurück zur rosa Zukunft. Rosige Aussichten sind das nicht. Das wild gemalte rosa Atomkraftwerk von Hartmut Noffke scheint schon ausgestrahlt zu haben auf den Horrorstuhl und die Materialcollagen von Juliane Prinz und Tom Thiel. Da können auch die quadratische Schaltzentrale von Michael Mahla und der zarte beseelte Engel von Anne Kuprat nicht mehr viel ausrichten. Gegen so viel rosa Chaos helfen vielleicht noch Filzblüten von Christa Schwilling, vielleicht finden wir was Tröstliches in der rosa Fotoschublade von Marlene Gölz, auf jeden Fall tröstet die rosa Torte von Renate Kölsch.

Torte , rosa Kuchen, Kaffee und Tee in den handelsüblichen Farben haben Sie sich jetzt redlich verdient, drüben im Museumscafé Kay,und beachten Sie ,dass wir heute zusätzlich das Eiszeitcafé im 1. Stock geöffnet haben. Das ist eine einmalige Gelegenheit zwischen Mammutknochen Kuchen zu essen.

Schreiben Sie in unser Gästebuch.

Allen Danke für die Teilnahme, es bereichert unser Museum und ich finde es auch eine attraktive Möglichkeit in einem ungewöhnlichen Rahmen auszustellen.

Danke für die wirklich großartige Unterstützung beim Aufbau dieser Ausstellung vorallem an Stefi Muth und Hartmut Noffke, außerdem Willi Herwig, Katharina Schmiedel, Marion Sievi, Carola Seehausen und Simone Klös.

Danke an Edda Oswald für die rosa Schmetterlinge in den Blumenkästen und die vielen rosa Papierblumen.

Machen Sie sich einen schönen Mittag im Museum, kommen Sie an einem oder mehreren der 9 Folgesonntage solange diese Ausstellung noch steht mit Freunden und Familie nochmal vorbei, dann kann man auch die Kunstwerke besser sehen und wir freuen uns immer über Besuch.

Gegen Ende der Ausstellung wird im März der junge Tenor Jonas Boy aus Guntersblum ein rosa inspiriertes Programm vorstellen, achten Sie auf die Presse , e-mails und unsere homepage,die letzten beiden Konzerte mit ihm hier waren fulminant.

Noch was wichtiges : einige rosa Werke sind käuflich, sie sind dezent ausgepreist, und Sie können immer bei mir nachfragen.

Die Ausstellung ist nach dem letzten wirklich superrosa Stück der Flötendamen eröffnet.